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Vor mittlerweile mehr als 100 Jahren wurde in Deutschland erstmalig die Zeitumstellung eingeführt: Im Jahr 1916, zu Zeiten des Ersten Weltkrieges, war das deutsche Kaiserreich gezwungen Ressourcen für die Weiterführung des Krieges einzusparen. Mithilfe der Sommerzeit sollte der Energieverbrauch gedrosselt werden, da die täglichen Aktivitätsphasen und das Tageslicht in der Sommerzeit eine höhere Überschneidung aufweisen. Demzufolge war weniger Energie und Brennstoff notwendig, was in Kriegszeiten lediglich knapp vorhanden war.

Seit dem Jahr 1980 ist die Zeitumstellung inklusive Sommerzeit in Deutschland ein stetiger Teil des Lebens. In Folge der damaligen Ölkrise wurde die Entscheidung über die Wiedereinführung der Zeitumstellung getroffen. Da jedoch wiederkehrend Kritik an der jährlich zweimaligen Zeitverschiebung geäußert wird, stimmte das EU-Parlament im Jahr 2019 für die Abschaffung der Zeitumstellung. Aktuell wird seitens der EU noch über die Umsetzung und Terminierung diskutiert. Dabei stellt sich jedoch die Frage: Ist die Abschaffung der Zeitumstellung überhaupt der richtige Weg?

Vorteile bei der Abschaffung der Zeitumstellung

Gesundheitlicher Schutz

Abgesehen von der vorgegebenen Zeit folgt der Körper einem eigenen Biorhythmus, der sich nach dem Tageslicht richtet. Die Zeitumstellung, welche im Frühling und Herbst stattfindet, stellt den Körper bei der künstlichen Zeitanpassung vor eine Herausforderung, welche bei einem Teil der Menschen mit negativen gesundheitlichen Folgen einhergeht. Diese treten insbesondere bei der Umstellung im Frühling auf: Während im Herbst der Tag um eine Stunde verlängert wird, fällt im Frühling eine Tagesstunde weg.

In der Folge kämpfen viele Menschen u.a. mit diesen Symptomen:

  • Schlafprobleme
  • Konzentrationsprobleme
  • Müdigkeit
  • Gereiztheit
  • Melancholie

Zwar treten die Symptome nach der jeweiligen Zeitumstellung lediglich temporär aus, dennoch stellen sie die Betroffenen vor weitreichende Probleme im Privat- und Berufsleben. Beim Wegfall der Zeitumstellung würde dem Körper die jährlich zweimalige Anpassung des Biorhythmus erspart bleiben.

Höhere Arbeitsproduktivität

Die genannten negativen Symptome, welche als direkte Folge der Zeitumstellung auftreten, führen auch am Arbeitsplatz zu Problemen. Vorwiegend die Müdigkeit und die Konzentrationsprobleme sorgen an den Folgetagen der zeitlichen Verschiebung zu einer geringeren Produktivität der Arbeitskräfte. Während beim Großteil der Arbeitsplätze lediglich weniger Aufgaben erledigt werden bzw. eine höhere Fehlerquote auftritt, haben die Symptome bei risikoreicheren Berufen gefährliche Folgen. Diese spiegeln sich im Anstieg der Arbeitsunfälle wider, welche im zeitlichen Zusammenhang zu der Umstellung stehen. Die Abschaffung der Zeitumstellung würde die betroffenen Arbeiter präventiv gegen die potenziellen Arbeitsunfälle schützen.

Verringerung der Verkehrsunfälle

Morgens zur Arbeit - aus dem Artikel - Abschaffung der Zeitumstellung die Vor- und Nachteile
Faktencheck zur Zeitumstellung – Diese Vor- und Nachteile hat die Sommerzeit – N-TV.de

Die gleichen Symptome sind zudem verantwortlich für den temporären Anstieg der Verkehrsunfälle. Insbesondere nach der Umstellung zur Sommerzeit, die den Tag um eine Stunde verkürzt, lässt sich dieses Phänomen erkennen. In Folge von Müdigkeit und mangelnder Konzentration kommt es zu Fehlern im Straßenverkehr, welche teilweise schlimmste Konsequenzen nach sich ziehen. Eine Studie der University of Colorado hat aufgezeigt, dass die Anzahl der Unfälle mit tödlichen Folgen in der Woche nach der Zeitumstellung 6 % höher liegt als im Durchschnitt. Soweit der innere Biorhythmus nicht vor die Aufgabe der Zeitumstellung gestellt wird, wären die tödlichen Unfälle im Nachgang vermeidbar.

Geringerer Heizverbrauch

Ursprünglich war das Ziel der Zeitumstellung die Einsparung von Ressourcen, welche für die Aufrechterhaltung des Kriegszustandes benötigt wurden. Dank der längeren Helligkeit am Abend ergibt sich ein geringerer Energiebedarf. Im Umkehrschluss wird allerdings in den winterlichen Morgenstunden mehr geheizt, da die Sonne eine Stunde früher aufgeht. Dafür werden Heizstoffe benötigt, welche die Ressourceneinsparung zunichtemachen. Zusätzlich ergibt sich ein ökologischer Nachteil: Insbesondere im Sommer wird ein Großteil der Energie in Deutschland aus erneuerbaren Energiequellen bezogen, welche in den Abendstunden die erforderliche Energie für die Beleuchtung zur Verfügung stellen können. Im Gegensatz dazu verfügen eine hohe Anzahl an Immobilien in Deutschland über Öl- oder Gasheizungen, welche nicht klimaneutral agieren.

Entfall der notwendigen Organisation

Im Verlauf der Zeitumstellung hat der Otto Normalbürger in der Regel lediglich die Aufgabe, die Uhren umzustellen. Dabei geschieht der Prozess bei den digitalen Uhren bereits eigenständig. In vielen Bereichen des Berufslebens geht jedoch eine organisatorische Mehrbelastung mit der Umstellung einher.

Bei z.B. Nachtarbeiten, welche zusätzlich am Wochenende anfallen, ist ein organisatorischer Plan zu erstellen. Findet beispielsweise eine Schichtübergabe statt, muss die jeweilige Stunde Mehr- oder Minderarbeit in den Schichtplan integriert werden. Dabei dürfen keine gesetzlichen Regelungen bezüglich der maximalen Arbeitszeit oder Ruhezeit verletzt werden. Allerdings auch der Bus- und Bahnverkehr leidet unter der jährlich zweimaligen Umstellung.

Nachteile bei der Abschaffung der Zeitumstellung

Kürzere Tageslichtzeiten

Dank der Sommerzeit steht im Sommer eine Stunde länger das Tageslicht zur Verfügung. Während bei durchschnittlichen Aufstehzeiten die Sonne bereits aufgegangen ist, ist am Abend das Tageslicht eine Stunde zusätzlich vorhanden. Bei der Abschaffung der Zeitumstellung würde diese Stunde entfallen, welche die meisten Menschen im wachen Zustand genießen können. Demzufolge kann das tägliche Tageslicht mithilfe der Zeitumstellung effizienter genutzt werden.

Geringere Aktivitätsphasen

Soweit die zeitliche Umstellung abgeschafft wird, kann in der Sommerzeit das Tageslicht eine Stunde weniger genutzt werden. Darunter leiden in der Folge die Aktivitäts- und Produktivitätsphasen. Der menschliche Körper ist evolutionär darauf ausgelegt, bei Tageslicht Tätigkeiten auszuführen. Sobald die Dunkelheit einsetzt, wird das Schlafhormon Melatonin vom Körper ausgeschüttet, was als Signal für Inaktivität dient. Folgend wirkt sich die wegfallende Stunde negativ auf das zeitliche Kontingent im Privatleben aus, da sich die Stunde außerhalb der normalen Arbeitszeit befindet.

Geringerer Konsum

Vonseiten der Wirtschaft wird die Zeitumstellung als ökonomisch sinnvoll angesehen. Durch die längere Helligkeit im Sommer steigert sich in Folge der Aktivität ebenfalls der Konsum, was den Unternehmen bessere Verkaufschancen bietet. Zudem wird angemerkt, dass ein höherer Absatz für zusätzliche Steuereinnahmen und die Sicherstellung von Arbeitsplätzen sorgt. Dementsprechend profitiert neben den Unternehmen sowohl der Staat als auch die Arbeitnehmer.

Höherer Energieverbrauch

Morgens im Büro - aus dem Artikel - Abschaffung der Zeitumstellung die Vor- und Nachteile
84% der befragten EU Bürger sind für die Abschaffung – Statista.com

Dank der umgestellten Tageslichtzeit fällt in der Sommerzeit ein geringerer Energieverbrauch an, was den ursprünglichen Grund der Zeitumstellung darstellt. In den Abendstunden ist ein geringerer Verbrauch von Energie erforderlich, welcher andernfalls für die Schaffung von künstlichem Licht genutzt werden würde. Studien haben jedoch aufgezeigt, dass der Nutzen bei der Energieeinsparung begrenzt ist. Lediglich ein minimaler Anteil des jährlichen Stromverbrauchs wird aufgrund der Zeitumstellung in den sommerlichen Abendstunden eingespart.

Zusätzlich hemmt der flächendeckende Einsatz von Energiesparlampen mittlerweile das Ergebnis, wodurch der Stromverbrauch zur Lichterzeugung generell minimal ist. Im Umkehrschluss fällt zudem ein höherer Verbrauch an Heizkosten an, welcher den Erfolg der Energieeinsparung neutralisiert.

Weniger Verkehrsunfälle in der Sommerzeit

Während eine direkte Folge der Zeitumstellung der Anstieg von Verkehrsunfällen ist, legt sich durch die längere Helligkeit das Aufkommen der Verkehrsunfälle über die gesamte Zeitspanne der Sommerzeit. Dunkelheit ist der Grund für eine Vielzahl von Verkehrsunfällen. Durch die Zeitverschiebung wird dieser Faktor in der Sommerzeit minimiert.

Abschaffung der Zeitumstellung betrifft rund 450 Millionen EU-Bürger

In der Gesamtbetrachtung der Vor- und Nachteile bezüglich der Abschaffung der Zeitumstellung fällt auf, dass die ursprünglichen Gründe der Ressourceneinsparung nicht mehr zeitgemäß sind. Nichtsdestotrotz schafft die Zeitumstellung in der Sommerzeit längere Tageslichtphasen, welche effektiv für eine höhere Produktivität und Aktivität genutzt werden können. Aus gesundheitlicher Sicht wird die Zeitumstellung kritisch betrachtet, da der Körper den eigenen Biorhythmus auf die geänderte Zeit anpassen muss, was mit negativen Symptomen wie Müdigkeit und mangelnde Konzentration einhergeht. Diese führen wiederum zu Herausforderungen im Privat- und Berufsleben, welche im schlimmsten Fall sogar tödlich enden können.

Des Weiteren hat die EU zu entscheiden, ob nach der Abschaffung der Zeitumstellung die Sommer- oder Winterzeit stetig genutzt wird. Während es sich bei der Winterzeit um die natürliche Zeit handelt, hat die Sommerzeit anderweitige Vorzüge. Ein bedachtsames Vorgehen ist bei der Entscheidung, welche fast 450 Millionen EU-Bürger betrifft, unerlässlich.